Mörlin und Rubens

Auf den Spuren der Ahnen –  Mörlin und Rubens in Siegen

Von Hans-Jürgen Döhner nach einer Vorlage von Otto Döhner, dem Gründer des Familienverbandes

Der Maler Paul Rubens, der Sohn des hier beschriebenen Jan Rubens
Der Maler Paul Rubens, der Sohn des hier beschriebenen Jan Rubens

In einem vorausgegangenem Familienbrief habe ich über die Vorlage „Familienkundliche Beziehungen der Familie Döhner zur Stadt Siegen“ meines Vaters aus Anlass unseres Umzugs nach Siegen im Jahr 1968 berichtet. Dort ging es zunächst um Hans Schickhardt und mehr noch um seinen Enkel Heinrich Schickhardt, den Holzschnitzer aus Siegen, der in Herrenberg (südlich von Stuttgart) in der mächtigen Stiftskirche das noch heute dort existierende Chorgestühl 1517 vollendet hat. Ernst Friedrich Carl Döhner (A2), Hofprediger in Hildburghausen, heiratete 1767 Maria Susanna Georgii, eine Nachfahrin von Hans und Heinrich Schickhardt.
Heute möchte ich von der heiklen Mission des Maximilian Mörlin (nicht Mörling) berichten, der 1570 zum Hofprediger und Generalsuperintendenten von Nassau-Dillenburg berufen worden war.
Wer ist Maximilian Mörlin? Hier einige Lebensdaten aus einem Artikel aus Wikipedia:
Maximilian Mörlin (* 14.10.1516 in Wittenberg, + 20.04.1584 in Coburg) war evangelischer Theologe, Hofprediger, Superintendent in Coburg und Reformator. Sein Vater Jodokus Mörlin war Professor für Philosophie an der Universität Wittenberg.
Nach einer harten Jugend, in der er das Schneiderhandwerk erlernte, durfte er wie sein Bruder ab 1533 in Wittenberg studieren und stand unter dem Einfluss Martin Luthers und vor allem Philipp Melanchtons. Ab 1539 hatte er eine Pfarrstelle. Auf Empfehlung seiner Lehrer kam er 1544 als Hofprediger nach Coburg und visitierte hier im Auftrag des Herzogs Kirchen und Schulen.
Nachdem er 1546 unter Caspar Cruciger dem Älteren in Wittenberg zum Doktor promoviert hatte, ernannte man ihn zum Superintendenten. 1556 half er in der Markgrafschaft Baden-Durlach die Reformation durchzusetzen. An der Universität In Jena führte er 1564 als Prokanzler und Vizedekan die erste theologische Promotion durch. 1569 wurde er von Herzog Johann Wilhelm aus dem Land vertrieben und wurde dann 1570 zum Hofprediger und Generalsuperintendenten der Grafschaft Nassau-Dillenburg berufen. 1573 konnte er nach Coburg zurückkehren und wurde wieder in seine früheren Ämter eingesetzt. Als Prediger und Vertreter des Kirchenregiments war er ein bedeutender Mann. Aus 2 Ehen sollen ihn 12 Söhne überlebt haben.

Über die Nachkommen seines Sohns Maximilian Mörlin (1555-1628, Ratsherr in Coburg) und dessen Tochter Maria Magdalena Mörlin (1614 verheiratet mit Georg Knauer, Bäcker und Ratsherr von Coburg) kommt nach 6 weiteren Generationen die Verbindung mit der Familie Döhner zustande. 1820 heiratete Charlotte Scheler (Tochter des Coburger Pfarrers Gottlob Elias Konrad Scheler, 1750-1810) Gottlieb Benjamin Christoph Döhner (A2a), 1768-1845, Stadtrichter in Hildburghausen.

Die heikle Mission des Maximilian Mörlin in Siegen:

Nicht jeder weiß, dass der berühmte niederländische Maler Peter Paul Rubens 1577 in Siegen geboren wurde. Dass es dazu kam ist einer angeblichen Liaison des Vaters Jan Rubens (*1530, +1587) mit Anna von Sachsen (*1544 Dresden, +1577 Dresden), Gemahlin des Grafen Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg (auch Wilhelm der Schweiger genant, *1533 in Dillenburg, +1584 in Delft), geschuldet.

„Anfang März 1571 hatte Graf Johann von Nassau (Bruder von Wilhelm I.) vor den Toren der Stadt Siegen den Rechtsanwalt Jan Rubens verhaften und ins Gefängnis legen gelassen. Er war des Ehebruchs mit der Gemahlin Wilhelms, der Prinzessin Anna von Sachsen, beschuldigt worden und hatte sein Vergehen eingestanden. Am 22.08.1571 gebar Anna eine Tochter, die diesem ehebrecherischen Verhältnis entstammte. Der Rechtsanwalt sah ein, dass er dem Tode verfallen war. Er bat nur, dass man ihn nicht hängen, sondern mit dem Schwerte hinrichten möge. Von dieser üblen Sache durfte natürlich nichts an die Öffentlichkeit. … Man hätte den Rechtsanwalt sicher heimlich vor ein ordentliches Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und ohne Aufsehen hingerichtet, wenn … ja wenn nicht seine Frau gewesen wäre. Frau Maria Rubens, eine Bürgerliche, eine Flüchtlingsfrau, die Frau eines Mannes, der sie betrogen hatte, … diese Frau stand vor dem Grafen Johann und bat um ihres Mannes Leben. Sie nahm den Kampf auf gegen die Verzweiflung des Eingekerkerten, sie teilte ihm ihre Verzeihung in einem erschütternden Briefe mit, sie stand allein gegen die großen Herren, die obendrein noch in vollem Rechte waren.“ (Quelle: Alfred Lück, 1967, Siegerland und Nederland). Graf Johann ließ Gnade vor Recht walten. Jan Rubens durfte leben, musste in Siegen eine Wohnung mieten und seine Familie zu sich nehmen. Hier wurde dem Ehepaar sechs Jahre später der Sohn Peter Paul Rubens geboren. Bei der Geldnot des Hauses Nassau hatte Graf Johann die angebotene Kaution (als Darlehn) der Frau Maria Rubens in Höhe von 6000 Talern angenommen. Als Sicherheit für die Zinsen verschrieb er ihr die Einkünfte des Amtes Netphen. Im Mai 1578 verzichteten die Rubens auf die Hälfte des Darlehns und erreichten dadurch die völlige Freilassung und kehrten nach Köln zurück.

Wie oben erwähnt, war unser Ahne Maximilian Mörlin von 1570 – 1573 Hofprediger und Generalsuperintendent in Dillenburg, der Residenz des Grafen Johann VI. der Ältere (1535-1606). Siegen gehörte zur Grafschaft Nassau-Dillenburg. Ich zitiere nun aus der Vorlage meines Vaters: „Bei einer Anwesenheit (Mörlins) in Siegen war es, wo ihm der gefangene Flüchtling Johann Rubens, eingekerkert im dortigen Stadtturm, sein Liebesverhältnis mit der Prinzessin Anna eingestand,. Auch die Prinzessin wurde in Siegen überwacht. Ihre Tochter Christine wurde am 22.08.1571 in Diez geboren. Mörlin verhandelte mit beiden Eltern.“

Wie es zu den Treffen zwischen Prinzessin Anna und dem Niederländer Jan Rubens kam ist bekannt. Ob Christine tatsächlich eine uneheliche Tochter von Jan Rubens war ist fraglich. Nur soviel noch zu dem Nassauer Wilhelm I. der Schweiger: Er war gleichzeitig Fürst von Oranien und wird in den Niederlanden Willem van Oranje oder Willem de Zwijger genannt. In den Niederlanden ist Wilhelm als Vater des Vaterlandes bekannt, weil er maßgeblich an der Befreiung der protestantischen Niederländer vom Joch der katholischen Spanier (Kaiser Karl V., Philipp II. und Herzog Alba) beteiligt war